Veranstaltung im Rahmen der Literaturtage Recklinghausen
- Diese Veranstaltung hat bereits stattgefunden.
Zeit des Lesens Zeit des Fühlens: Die Anfänge der Lesevereine in Recklinghausen um 1800
7. Oktober 2020 - 21:00
FreeZeit des Lesens Zeit des Fühlens
Der im buchstäblichen Sinne „gesellige“ Umgang mit Dichtung und Literatur spielte, wie auch der regelmäßige Besuch des Theaters, eine zentrale Rolle bei der Formierung bürgerlicher Identität am Ende des 18. Jahrhunderts. Diese Verhaltensweisen waren Schrittmacher der Entwicklung einer modernen, emanzipierten und demokratischen Öffentlichkeit, die sich bewusst von der höfisch-absolutistischen Sphäre absetzen wollte. Sogenannte „Lese- und Erholungsgesellschaften“, die sich lehrreichem Zeitvertreib und literarisch-kommunikativen „Nebenstunden“ widmeten, gab es in der Spätphase der Aufklärung in zahlreichen deutschen Städten. Sie waren Übungsfelder für nichtschulische Kulturvermittlung, für öffentlichen Diskurs, kontroverse Debatte und freien Gedankenaustausch; sie entstanden aus Freundeskreisen, privaten Zirkeln und familiär-literarischen Zusammenkünften, die sich den Werten von Aufklärung, Humanität, Bildung und Moral verschrieben hatten. Im Verlauf des 19. Jahrhunderts gingen daraus diverse Stränge des bildungsbürgerlichen Vereinswesens und Vorformen politischer Parteien und Gruppierungen hervor.
Der Vortrag beleuchtet diesen Strukturwandel der Öffentlichkeit um 1800 und geht solchen Anfängen in Recklinghausen nach. Dabei werden auch die Bemühungen des kurfürstlichen Pädagogen und Schulvisitators Anton Wiggermann gewürdigt, der am Ende der kurkölnischen Zeit, d.h. lange vor dem Beginn der Industrialisierung, wichtige Anstöße für eine organisierte Buch- und Lesekultur in Recklinghausen gegeben hat. Auf diese Weise entstand auch in Recklinghausen das neuartige Genre eines bürgerlichen Literaturbetriebs, das bis heute kontinuierlich weiterwirkt.
Begleitend zur Ausstellung wird eine kleine Auswahl archivisch Dokumente zum Thema gezeigt.
Eintritt frei!